Ein Vater steht mit seiner Tochter am Schaukasten der Dorfkirche vor einem Bildnis, das die Kreuzigung Jesu zeigt. Er weist mit dem Finger darauf und fragt seine Tochter: „Weißt du, wer das ist, der da am Kreuz hängt?“ Das Kind erwidert gelangweilt: „Klar, das ist Jesus. So ein Kreuz hängt doch bei uns zu Hause überall herum.“ Dann, nach einer Pause, fügt sie mit deutlich mehr Begeisterung hinzu: „Die Soldaten da hinten, das sind Römer. Die Frau da unter dem Kreuz ist Maria, die Mutter. Die weint. Die Menge im Hintergrund ist das neugierige Volk.“ Dann schweigt das Mädchen plötzlich. Es wird nachdenklich, um schließlich hinzuzufügen: „Sie haben Jesus gekreuzigt. Er ist für alle Menschen auf dem komischen Hügel da oben gestorben.“
So stehen sie beide da, Vater und Tochter, vor dem Bild und lassen es auf sich wirken. Schließlich streicht der Vater seinem Kind über den Kopf und möchte weitergehen, denn sie waren verspätet auf dem Weg zu einem Kindergeburtstag. Als er schon einige Meter weitergegangen war, hört er plötzlich seine Tochter rufen: „Papa, warte doch mal!“ Der Vater wendet sich um und bleibt stehen. Seine Tochter läuft ihm entgegen. Noch außer Atem ruft sie ihm zu: „Da fehlt noch was! Denk‘ doch mal nach! Er ist wieder auferstanden. Jesus ist auferstanden. Er lebt! Das wollte ich Dir noch sagen.“
So einfach kann Ostern sein! Eine alltägliche Unterhaltung am Rande. Der Eine fragt und prüft. Die Andere kennt sich längst aus. Sie berichtet von dem Ereignis, das uns bis heute nicht loslässt. Der Eine hört zu. Die Andere erklärt, was sie über die Darstellung auf dem Bild weiß. Beide kommen ins Nachdenken, bis dem Mädchen verspätet einfällt, worauf es eigentlich ankommt. Sie erinnert sich an das, was nach der Kreuzigung passiert und was auf dem Bild nicht zu sehen ist: Die Auferstehung des Lebens, gewissermaßen der spannungsgeladene „Showdown“ am Ende der Ostergeschichte. Er legt die eigentlichen Machtverhältnisse zwischen Leben und Tod offen. Das Leben siegt. Fertig. Filmende. So kann ganz plötzlich Ostern werden – für Vater und Tochter, für uns alle.
Ostern wird! Plötzlich ist es da und man erkennt, was damals mit Jesus passiert ist. Es braucht Zeit, vielleicht einen bedeutungslosen Anstoß, eine kleine Unterhaltung, ein Bild, bis wir etwas spüren von dem, was uns die Geschichte vom Sieg des Lebens über den Tod sagen möchte. Und diese Zeit darf es auch brauchen, um zu erkennen: Am Ende steht der Glaube an das Leben, das mit Jesus allen Tod überwunden hat.
Heute fällt es uns schwer, die Botschaft vom leeren Grab und vom Leben zu verstehen oder zu glauben. Allerhand beträchtliche Erwartungen an die arbeitsfreien Ostertage bestimmen die öffentliche Wahrnehmung. Nehmen wir uns trotzdem die Zeit und zeigen wir uns trotzdem offen für das Eigentliche, für die unscheinbaren Anstöße des Alltags, damit für alle „Ostern wird“. Blitzartig ist es da mit der zentralen Botschaft: „Ach, übrigens, er lebt!“
Ein frohes und gesegnetes Osterfest wünscht die KAS allen Soldatinnen, Soldaten und ihren Familien sowie allen Freunden, Unterstützern und Mitarbeitern!